Meinen ersten Grundkurs über Wein habe ich vor über 30 Jahren an der Uni in Mainz im Rahmen einer Vorlesung, die im "Studium generale" angeboten und vom Grafen Matuschka-Greiffenclau gehalten wurde, besucht. Es waren zumeist Jurastudenten, die sich für diese Vorlesung interessierten. Frauen waren weit und breit keine zu sehen. Das fand ich damals äußerst sonderbar, denn auch die Mädels haben das ein oder andere Glas Wein getrunken.
Geht man heute zu Weinverkostungen sind immer noch die Männer in der Überzahl. Weshalb dies so ist, konnte mir bislang noch niemand erklären. Vielleicht würde eine nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Umfrage weiterhelfen. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass es neuerdings immer mehr gute ausgebildete Winzerinnen gibt. Vielleicht machen diese nachwachsenden Frauengenerationen deutlich, dass es keine Schande ist, sich beim Wein auszukennen.
Das vorliegende reich bebilderte Buch "Grundkurs Wein" zeigt unkundigen Weintrinkern, was man alles über Wein wissen sollte.
Priewe untergliedert sein Buch in die Kapitel:
Der erste Kontakt
Allgemeinwissen
Rebenkunde
Der Weinberg
Die Kellerarbeit
Die Weinbauländer
Praktisches Weinwissen
Sensorik des Weins
Das Etikett als Visitenkarte des Weines nimmt er dabei zuallererst in den Fokus und erklärt alle dort enthaltenen Informationen. Anschließend befasst er sich mit der Frage, was ein Wein kosten darf und war ihn teuer macht.
Obschon der Alkohol nicht das Wichtigste am Wein ist, hat er natürlich eine Bedeutung und welche das ist, beschreibt der Autor gut nachvollziehbar, indem er zunächst einmal erläutert, woher der Alkohol kommt, wie es um die Qualität des Weines bei steigenden Alkoholgehalt bestellt ist u.a. mehr.
Priewe erklärt des Weiteren, was einen guten Wein auszeichnet und erläutert dabei die einzelnen Kriterien, wie Qualität, Farbe, Duft, die Textur, den Geschmack, den Nachgeschmack und den Charakter.
Anschließend thematisiert er den so genannten Weinschlauch, mit dem ich mich bislang noch nicht befasst habe, der wie man liest ökologisch der Flasche überlegen sei und möglicherweise für Partys und für den Campingplatz die interessantere Lösung darstellt. Ob das tatsächlich so ist, lässt uns Priewe wissen.
Wissen lässt er uns auch, ob die Supermarktweine grundsätzlich o.k. sind und lehrt den Leser über den Wein mit den richtigen Worten zu kommunizieren, dann erst bringt er dem Leser die Bestandteile des Weines nahe und definiert Wein wie folgt:"Wein ist chemisch betrachtet, Äthylalkohol in einer wässrigen Lösung, bestehend aus Zucker, Säure, Estern, Laktaten. Nichts Besonderes also. Nur eines weiß heute noch niemand: Wie sich Hunderte von Düften und Aromen zu einem harmonischen Ganzen verbinden können. Es ist das Geheimnis eines jeden Weines,"(Zitat: S.29).
Alsdann wartet Priewe mit einer kurzen Geschichte des Weines auf. Hier auch liest man vom "Bacchuskult" der Griechen und von den ersten Weinbergen im Rheingau im Jahre 817 n.Chr. Aufgeklärt wird man in der Folge über die allmähliche Entdeckung der Qualität und erfährt auch, wo der feinste Wein gedeiht. Übrigens wird in Italien der meiste Wein angebaut. Deutschland steht an 10. Stelle. Dass in Australien mehr Wein angebaut wird als bei uns, hätte ich nicht gedacht, denn über diesen Wein wird weitaus weniger geschrieben.
Man wird über den "neuen Personalausweis" des Weines aufgeklärt und über 20 Begriffe, die man als Weinkundiger kennen muss. Wissen Sie was "Kirchenfenster" in der Weinsprache bedeuten? Nein? Dann sollten Sie dies bei Priewe nachlesen.
Anhand einer Rebe lernt man die einzelnen Teile zu benennen und erfährt auch deren Bedeutung, dann wird man mit roten und weißen Rebsorten vertraut gemacht und weiß hinterher beispielsweise, wo der Unterschied zwischen einer Nebbiolo- und einer Malbectraube und einer Chardonnay - und einer Rieslingtraube besteht.
In das Geheimnis der Beeren wird man eingeführt, die man auch im Querschnitt näher kennenlernt. Man erfährt mehr zur Schale, zum Inneren der Beere, der Farbe und dem Tannin, das die unsterbliche Seele des Rotweins ausmacht. Priewe klärt auf über: Das Tannin, das Schalentannin, die Tanninreife, die Qualität des Tannin, die Funktion des Tannins, die Polyphenole und das Holztannin, um sich dann der Traubenreife zuzuwenden. Hier thematisiert er dann den Reifezeitpunkt, die Vollreife, die Überreife, Edelfäule, den Regen, das Risiko und die frühe Reife.
Ganz hervorragend nimmer er in der Folge den Weinberg in Augenschein, zeigt hier anhand von Querschnittsbildern, worum es beim Untergrund des Weines geht und beleuchtet in diesem Zusammenhang fette Böden, schlechte Weine, felsige sowie sandige Böden und stellt Überlegungen zu Boden und Klima an.
Die Architektur des Weinbergs wird dem Leser bestens nahegebracht und auch die Rebenziehung. Hier kommt u.a. die Menge-Güte-Relation zur Sprache, bevor man die Vollzeitpflege für die Rebe kennenlernt. Höhepunkt im Jahr des Winzers ist die Weinlese. Wie diese realisiert wird, wird sehr gut dargestellt und man wird kurz darauf auch mehr als nur zufriedenstellend über BIO-Weine informiert.
Die Rot- und Weißweinbereitung wird ausführlich thematisiert, auch über Fasskunde wird man in Kenntnis gesetzt und liest hier auch Näheres zur Herkunft der Eiche. Anschließend werden neue ökologische Techniken zur Sprache gebracht und die ketzerische Frage beantwortet, ob das Land neue Reben braucht.
Der Leser erfährt, was Champagner eigentlich ist und was man unter dem Begriff "Champagnermethode" zu verstehen hat, bevor er Näheres im Hinblick auf andere Schaumweine erfährt und so auch den Unterschied zwischen einem Crémant und einen Winzersekt zu artikulieren lernt.
Süßweine und Portweine sind ein Thema und auch der Sherry bleibt nicht ausgespart. Dann erst werden die Stärken, Schwächen und Sonderheiten der wichtigsten Weinbauländer der Welt in Augenschein genommen, wobei der Reigen nicht mit Italien, sondern mit Frankreich seinen Anfang nimmt. Für den ersten Einstieg in punkto Weinanbaugebiete erhält man einen guten Überblick. Wer sich allerdings näher informieren möchte, sollte dann in die Spezialliteratur einsteigen.
Sehr gut ist das Kapitel Praktisches Weinwissen ausgelotet. Hier kann man sich in das Geheimnis eines gutes Korkens vertiefen und in den Sinn und Zweck alternativer Korkverschlüsse. Man erfährt, wie man mit der Kapsel zu verfahren hat, auch wie man eine Weinflasche fachgerecht öffnet, welche Werkzeuge diesbezüglich auf dem Markt sind und wie man diese zu handhaben hat.
Den Sinn von unterschiedlichen Weingläsern kann man sich klar machen aufgrund der entsprechenden Beschreibungen und auch die optimale Trinktemperatur von Weiß-und Rotweinen. Man lernt richtig einzuschenken und ein Augenmerk für die Tischkultur beim Weintrinken zu entwickeln, um sich schließlich mit der Lagerung des Weines zu befassen. Ich habe erlebt, wie der mittlerweile verstorbene Besitzer eines hervorragenden Weinkellers 5000 Flaschen bester Weine beklagen musste, weil die Luftfeuchtigkeit im Keller zu gering war und die Korken austrockneten. Deshalb kann ich nur jedem empfehlen, sich mit dem Kapitel Weinlagerung intensiv zu befassen, bevor er einen Weinkeller anlegt.
Priewe klärt darüber auf, wie alt Wein werden kann, auch wie man Wein dekantiert. Er bringt auch Bläschen und Weinstein, sowie Weinfehler zur Sprache, thematisiert die Sensorik des Weines und beleuchtet die Aromen, die er in Primär- Sekundär und Tertiäraromen untergliedert. Anschließend listet er auf, wie Wein generell schmecken sollte.
20 Weine und Champagnermarken, die man kennen muss, sind aufgelistet. Bekannt sind mir die Weine schon, nur habe ich bislang noch keinen "Petrus", keinen "Opus One", keinen "L-Ermitá" und keinen "Pingus" getrunken. 100 Flaschen "Wehlener Sonnenuhr Riesling Auslese, J.J. Prüm" habe ich in einem untrinkbaren Zustand kennengelernt, "Roederer Christal" als edelstes Getränk im Champagnerbereich trinken dürfen und den "Chateau Mouton Rothschild" leckerer empfunden als den Chateau Lafite Rothschild. Über Geschmack lässt sich bekanntermaßen immer diskutieren, streiten sollte man freilich nie.
Ein wirklich empfehlenswertes Buch.
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