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Rezension: „Will keiner trinken, keiner lachen?“ - Goethe und der Wein

Bei diesem Büchlein aus der Insel-Bücherei handelt es sich um den Band Nr. 1400. Thema: Goethe und der Wein. Herausgeber sind Heiner Boehncke und Joachim Seng. 

Nach einer zwei Seiten umfassenden Vorrede der beiden Herren, beginnen die Betrachtungen des illustrieren Büchleins mit einer Reihe von Goethegedichten, die dem Wein huldigen. Dabei muss man wissen, dass einige der bekanntesten Weingedichte aus dem "West-östlichen Divan" stammen, in dem die Liebe und der Wein zwei Hauptmotive sind. 

Wie man eingangs schon erfährt, war bei dem großen Frankfurter Sohn der Wein nicht nur "Sorgenbrecher", "Balsamsaft" und "Medizin", sondern er diente gleichwohl auch als Lebenselexier und stimulierte seine Schaffenskraft. 

Nach einer Vielzahl von Wein-Gedichten hat man Gelegenheit Goethes Weinbiografie zu lesen und erfährt in diesem Zusammenhang auch, dass zu Goethes Zeiten in Frankfurt auf dem Sachsenhäuser Berg Wein angebaut wurde und die Frankfurter Altstadt von Weinbergen umgeben war. Bereits im 14. Jahrhundert wurde in der Mainmetropole Weinbau betrieben. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Weingärtner in Frankfurt eine Zunft bildeten und diverse andere Zünfte in der Stadt  vom Weinbau und Weinhandel profitierten. 

Dass Goethes Großvater väterlicherseits ein Franzose aus Lyon war, wird nicht jedem bekannt sein, viele aber wissen, dass die Familie ihm ein stattliches Vermögen verdankte, das der Schneidermeister, der in zweiter Ehe zum geschäftstüchtigen Weinbergbesitzer und Weinhändler wurde und 34 000 Liter Wein nach seinem Tode hinterließ. 12 000 Liter Flaschen bildeten den Grundbestand des Weinkellers, den die verwitwete Großmutter Goethes in ihrem Witwensitz "Am großen Hirschgraben" (Goethes Geburtsort) nach dem Kauf des Hauses einrichtete. Jahrzehnte später, der Dichter lebte bereits in Weimar, verkaufte Goethes Mutter besagtes Haus, das 60 Jahre im Familienbesitz war. Im Keller befanden sich noch 5775 Liter Wein. 

Goethe wuchs unter Weintrinkern und Weinkennern auf und lernte den Wein schon früh schätzen. Man erfährt Näheres zur Weinlese und Weinbereitung im Elternhaus und hier auch, dass viele Frankfurter Bürger sogenannte Gartenweine anbauten. Goethes Vater soll seinen eigenen Gartenwein besonders gerne getrunken haben. Weinduft bestimmte  die olfaktorische Erinnerung an Goethes Elternhaus.

Der Wein und die Liebe des jungen Goethe kommen zur Sprache und hier auch seine ausschweifende Jugendzeit in Leipzig. Wie man auf einer aquarellierten Bleistiftzeichnung um 1770/72 sehen kann, die Goethe angefertigt hat, gehörte Wein offenbar zu seinem kreativen Arbeitsprozess. 

Vom Weinkonsum, den Weinhändlern und Lieblingsweinen des Dichters später dann in Weimar in seinem Haus am Frauenplan liest man Wissenswertes und hier auch, dass die jährlichen Weinbestellungen Goethes alles andere als gering waren.  Bereits 1776 gab er 200 Taler seines Einkommen  für Wein aus,  1829 waren es dann 2184 Taler bei einem Einkommen von 10 000 Talern. Ein einfacher Soldat erhielt zum Vergleich einen Jahressold von 24 Talern. 

Der Weinliebhaber Goethe schätzte qualitativ hochwertigen Wein. So betrug der Preis für eine Flasche 1783er Würzburger Steinwein aus dem Herzoglichen Hofkeller 1 Taler.  Goethe war kein armer Poet, er konnte sich  problemlos ein Leben  als  Mann von Welt leisten und tat es auch. 

Man erhält u.a. Momentaufnahmen des Weinbestands im Hause am Frauenplan, so etwa aus dem Jahre 1816, erfährt dass Goethe verschiedene Frankenweine, aber auch Moselweine schätzte und u.a. Rotwein aus dem Languedoc trank. 2 Liter Wein soll Goethe täglich  genossen haben. Was er im Einzelnen zu sich nahm,  wird auch beschrieben. Da die Weine einen geringeren Alkoholgehalt hatten als heute, war der hohe Konsum nicht bedenklich, sondern schenkte ihm stattdessen ein langes Leben. 

Über Goethes Weingenuss auf Reisen wird man aufgeklärt. Er soll sowohl in Italien als auch auf seinen Reisen am Rhein, Main und Neckar Weinanbaugebiete besucht und dort Reben, die Böden und das Klima genauer beobachtet haben, um auf diese Weise mehr über den Wein und deren Ursprungsort in Erfahrung zu bringen. 

Sehr schön beschrieben ist Goethes Reise in den Rheingau. Der Dichter feierte seinen 65. Geburtstag in Wiesbaden auf Schloss Biebrich und wohnte 8 Tage bei Brentanos im Rheingau, wo er sich offenbar sehr wohl fühlte und "fürchterlich viel" trank, wie Antonia Brentano für die Nachwelt festhielt. 

Wen wundert also der nachstehende Vers Goethes aus dem "West-östlichen Divan", den man zum Schluss des Buches lesen kann: Typisch Goethe. 

Trunken müssen wir alle sein!
Jugend ist Trunkenheit ohne Wein 
Trinkt sich das Alter wieder zur Jugend, 
So ist es wundervolle Tugend. 
Für Sorgen sorgt das liebe Leben, 
Und Sorgenbrecher sind die Reben. 

Johann Wolfgang von Goethe 

Empfehlenswert.

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